Das Radiopharmakon im Fokus der Nuklearmedizin


Das zentrale Element in der Nuklearmedizin ist das Radiopharmakon. Dieses ist im einfachsten Fall ein einfaches, radioaktives Nuklid: z.B. Jod-123 für die Untersuchung der Schilddrüse. In der Mehrzahl der Fälle sind es heute jedoch komplexe Moleküle, in die ein radioaktives Nuklid eingebunden ist. Dabei bestimmt das Design des Moleküls, wie sich das Radiopharmakon im Organismus verhält – welche Zelle oder Organ es aufnimmt oder auch nicht. Für den befundenden Arzt sind daher detaillierte Kenntnisse über den Aufbau und die biologische Funktion der Radiopharmaka von grosser Wichtigkeit.

Dem Design und der Entwicklung der Radiopharmaka kommt eine besondere Bedeutung zu. Denn seine chemische Struktur determiniert dessen klinische Anwendbarkeit. Häufiges Ziel der Forschungsanstrengungen ist daher, die Spezifität der Tracer auf einzelne Zellstrukturen oder Stoffwechselwege zu fokussieren (z.B. DOTATOC mit spezifischer Affinität zum Somatostatin-Rezeptor von sog. neuroendokrinen Tumoren). Doch auch «unspezifische» Radiotracer werden vielfach eingesetzt, wie z.B. F-18-FDG zur Darstellung der zellulären Glukosestoffwechselaktivität im Rahmen der onkologischen PET-Bildgebung. Die folgende Tabelle führt eine Auswahl an gängigen Radiopharmaka auf.

Radiopharmakonbiologische FunktionVerwendung, u.a.
F-18-FDGGlukosestoffwechselOnkologische Bildgebung (PET/CT)
F-18-PSMAProstata-spezifisches Membran-Antigen (PSMA), exprimiert v.a. auf ProstatatumorzellenBildgebung beim Prostatakarzinom (PET/CT)
Ga-68-DOTATOCSomatostatin-Rezeptor, exprimiert v.a. auf neuroendokrinen TumorzellenBildgebung bei neuroendokrinen Tumoren (PET/CT)
Tc-99m-DPDKnochenstoffwechselBildgebung von Knochen-/Gelenkerkrankungen (Szintigraphie und SPECT/CT)
I-123SchilddrüsenzellenUntersuchung des Schilddrüsenstoffwechsels

Nur bei wenigen Untersuchungen bildet das reine Radionuklid zugleich die finale Form des Radiopharmakons – wie z.B. beim Radiojod, welches – äquivalent zum natürlichen Jod – in die Schilddrüsenzellen aufgenommen und dort gespeichert wird (Abbildung A: hyperaktiver Schilddrüsenknoten rechts).
Bei der Mehrzahl der modernen Tracer sind die Radionuklide jedoch in einfache oder komplexe Molekülstrukturen eingebunden, die deren klinische Funktionalität determinieren, z.B.: das Glukose-Analogon F-18-FDG (Abbildung B: Normalverteilung im Rahmen einer PET) oder das spezifischere Ga-68-PSMA (Abbildung C: grün markiert die funktionelle Gruppe für die Bindung an das Prostata-spezifische Membran-Antigen, kurz PSMA).
Gleichzeitig beeinflusst der Molekülkomplex die Elimination des Tracers und hat damit unmittelbaren Einfluss auf die Strahlenexposition der zu untersuchenden Person. Die eingesetzten Mengen der Moleküle sind so gering, so dass keine biologische Funktion durch deren Struktur resultiert (ein gern verwendetes Bild zur Veranschaulichung: wie ein Kilogramm Zucker im Bodensee verschüttet).